Wie die Fußgängerfreundlichkeit das Fußgängerverhalten beeinflussen kann:
Effekte von Raumumgestaltungen auf Anzahl der Zufußgehenden und Fußgängerfreundlichkeit

Das portugiesische Institut CERIS (Civil Engineering Research and Innovation for sustainability) hat in einem neuen Forschungsprojekt die Auswirkungen von fußgängerfreundlichen Umgestaltungen des öffentlichen Raums in Lissabon untersucht. Dabei wurden drei Orte in Eixo Central entlang einer 1,2 km Strecke (ca. 16 Min. zu Fuß) untersucht:

1) „Avenida da República“: Eine 1,5 km lange und 50 m breite Straße mit Busspuren, U-Bahn und Zug, dicht umschlossen von 8 Stockwerk hohen Gebäuden.

Vorher und nachher:

2) „Avenida Fontes Pereira de Melo“: Eine 900 m lange und 30 m breite Straße mit einer weniger dichten Bebauung, mit Busspuren und U-Bahn.

Vorher und nachher:

3) „Saldanha square“: Ein großer runder Platz (65 m Durchmesser), der die Straßen 1) und 2) miteinander verbindet.

Vorher und nachher:

Umgestaltungsmaßnahmen:

Das Eixo Central-Projekt wurde im Rahmen eines öffentlichen Beteiligungsprozesses im Jahr 2012 geplant, bei dem die Einwohner von Lissabon die Schaffung einer barrierefreien Fußgängerroute zwischen zwei wichtigen Verkehrsknotenpunkten, Entrecampos und Marquês de Pombal, auswählten. Das Projekt umfasste die Nachrüstung zweier Hauptstraßen der Stadt (Avenida da República und Avenida Fontes Pereira de Melo), die durch einen Platz (Saldanha-Platz) verbunden waren. Die Umgestaltungen wurden im Februar 2017 abgeschlossen.

Eine Qualitätsverbesserung konnte in erster Linie durch neue breitere Oberflächen erreicht werden. Lissabon besitzt überwiegend Gehsteige aus Pflastersteinen, jedoch wurde für den neuen Gehsteig ein „Komfort Gehstreifen“ eingerichtet. Die Oberflächen wurden aus Beton gefertigt und bilden eine glatte, gleichmäßige Ebene. Zur Verbesserung der Barrierefreiheit wurden die Übergänge zwischen Straße und Gehsteig angepasst. Die Gehlinien und die Erreichbarkeit der Ziele wurden trotz Verlagerung einiger Schutzwege kaum beeinflusst. Um die Sicherheit für die Zufußgehenden zu erhöhen wurde der Kurvenradius von den einmündenden Straßen verringert. Dadurch fahren Autofahrende nun langsamer durch die Kurve.

Auf der „Avenida Fontes Pereira de Melo“ und „Saldanha square“ wurden Kioske aufgestellt. Diese bieten neben Produkten auch neue Sitzmöglichkeiten. Das neue Design des „Saldanha square“ gibt dem Platz eine neue wiedererkennbare Identität. Am Platz konnten durch großzügige Grünbereiche die Umweltbedingungen deutlich verbessert werden.      

Forschungsvorhaben:

Im Rahmen der Forschungsarbeit wurden die Umgestaltungsmaßnahmen hinsichtlich Komfortverbesserungen und Auswirkungen auf den Fußverkehr analysiert. Neben statistischen Variablen wie die Anzahl von FußgängerInnen (FußgängerIn / Stunde) wurden auch das Gehverhalten und die Aktivitäten der Zufußgehenden erfasst (wie z.B. Anzahl der Wege, Wegedauer, modal change). Ein wichtiger Beitrag dieser Studie besteht darin, dass drei wesentlichen Faktoren miteinander kombiniert wurden: die Veränderung der Fußgängerqualität, der Fußgängerströme und des räumlichen Erlebnisses / Attraktivität zum Gehen (walkability change, change in pedestrian volumes and change in walking experience).

Hierfür wurden Zufußgehende vor und nach der fußgängerfreundlichen Umgestaltung befragt. Die Veränderung des räumlichen Erlebnisses wurde anhand einer retrospektiven Untersuchung ermittelt und beinhaltete die Aufforderung an die Befragten, Informationen zu einer Reihe von Merkmalen aus einem früheren Zeitpunkt sowie für die aktuelle Zeit abzurufen.        
Für die Veränderung der Fußgängerqualität („walkability“) wurde ein „Walkability-Score“ auf Segment- / Blockebene zwischen 0 und 100 berechnet, der sowohl qualitative als auch quantitative Gewichtungen umfasst.

Wesentliche Erkenntnisse:

Die vorliegende Studie liefert eine systematische Vorher-Nachher-Bewertung einer Straßenverbesserungsmaßnahme, in der Veränderungen der „walkability“ - Fußgängerqualität, der Fußgängermengen und des räumlichen Erlebnisses bewertet wurden.

Es belegt, dass schon kleinere „walkability“ Veränderungen zu einer Verbesserung des Fußgängererlebnisses führen. Demnach beeinflussen Qualitätsveränderungen signifikant das Verhalten der Zufußgehenden. Für eine deutliche Steigerung der Anzahl und Aktivität von FußgängerInnen sind jedoch größere Umgestaltungen und Investitionen (wie am Platzbeispiel „Saldanha square“) von Nöten.

Durch die Verwendung eines „Walkability-Scores“ zur Messung des Ausmaßes und der Bedeutung der Intervention in den öffentlichen Raum konnte zwischen dem Grad der „Walkability“-Änderung unterschieden werden.

Weitere Studien sind erforderlich, um festzustellen, welche Bevölkerungsgruppen auf bestimmte Veränderungen reagieren. Interessant wäre auch zu wissen, welche Synergien zwischen einzelnen Faktoren bei der Umgestaltung bestehen und welche Vorteile dadurch entstehen. Zudem wären weitere Forschungen wichtig, um die Verwendung verschiedener Ansätze zur Messung von „Walkablility“-Maßnahmen zu untersuchen, um die Evidenz für den Zusammenhang zwischen Verbesserung der Fußgängerqualitäten und Verhaltensänderung zu stärken. Dies kann einen wesentlichen Schlüssel für zukünftige städtische Interventionen und Maßnahmen zur Steigerung des Gehens darstellen.

Vorher-Nachher-Studien bei Umgestaltungen des öffentlichen Raums werden so gut wie nie auf ihre „walkability“ untersucht, obwohl diese Studien sehr wichtige Informationen bezüglich Effizienz der Umgestaltung liefern können.

 

Eine Forschung durch die portugiesische Stiftung für Wissenschaft und Technologie (FCT) – Autoren: Paulo Cambra, Filipe Moura

Artikel zusammengefasst von DIin Martina Strasser und Luis Fritsch.

Weiterlesen: » Artikel „How does walkability change relate to walking behavior change?”
 

 


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Wir freuen uns sehr, dass eine Vielzahl der Walk-space.at Vorschläge übernommen worden sind (Schulstraße, Sackgasse mit Durchgehmöglichkeit,...)

  

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